Die Ergebnisse aus Allensbach korrespondieren mit jenen des „Edelman Trust Barometer“, die im November 2021 in 28
Ländern aufgenommen wurden. „Regierungen und Medien befeuern einen Kreislauf des Misstrauens“, so dessen Fazit.
Im
Vergleich zum Vorjahr hat laut Trust Barometer die Sorge, dass
Journalisten absichtlich Unwahrheiten oder grobe
Übertreibungen präsentieren, um die Menschen zu beeinflussen, um 8
Prozentpunkte auf 67 Prozent zugenommen. Für Politiker gilt dasselbe (+9
auf 66 Prozent). Eine deutlich gewachsene
Zweidrittelmehrheit der Menschen geht also davon aus, von Medien und
Politik absichtlich belogen zu werden.
In
Deutschland gibt es den größtem Vertrauensverlust. Während das
durchschnittliche Vertrauen der Deutschen in
Unternehmen, NGOs, Regierungen und Medien im Vorjahr noch mit 53 Prozent
leicht positiv im Mittelfeld lag, fiel dieser Wert jetzt stärker als in
allen anderen untersuchten Ländern um 7 Prozentpunkte
auf 46.
Corona-Berichterstattung - Mal wieder herrscht Vertrauenskrise (Cicero)
In
Krisenzeiten sind Journalisten in besonderer Weise gefordert, möglichst
fair und kritisch zu berichten. Nach zwei
Jahren Corona-Pandemie lässt sich bilanzieren: Das ist den deutschen
Medien in der Summe nicht ausreichend gelungen. Dabei sind die
Versagensmuster in der Corona-Berichterstattung gar nicht neu. Im
Gegenteil: Man kennt sie schon aus anderen Krisen – und hätte es von
Anfang an besser machen können, meint Ben Krischke am 28.Januar 2022 in
Cicero.
Ein ziemlich langer Artikel hinter einer Bezahlschranke. Deswegen einige Thesen:
Bei der Berichterstattung über Demonstrationen richtet sich der Focus auf die, die zweifellos unangenehme Zeitgenossen
sind und in der Folge dann derart ins Zentrum eines Beitrags rücken,
dass der Leser
zwangsläufig zu dem Ergebnis kommen muss, 50 Neonazis stünden
exemplarisch für 3000 Demonstranten – oder für fast ein Viertel der
Bevölkerung, das nach wie vor ungeimpft ist.
- Die Tücken der Distanzierung
Zweifellos kommt es im Zuge der Corona-Demonstrationen zu Aufmärschen von Rechtsaußen.
Das
ist nicht schön, aber zur Wahrheit gehört eben auch, dass es, nüchtern
betrachtet, überaus verwunderlich wäre, wenn Rechtsradikale nicht an
Demonstrationen teilnehmen würden, bei denen es im Kern um
Kritik am Regierungshandeln geht; was in anderen Zeiten und bei anderen
Themen ebenso auf Genossen aus dem linksradikalen Spektrum zutrifft. Man
denke an die gewaltsamen Proteste am Rande des G20-Gipfels in Hamburg.
Es ist mindestens genauso falsch, aktiv
den Schulterschluss mit Neonazis zu suchen, wie von einer legitimen
Meinung abzuweichen, bloß weil andere selbige in ihr
verqueres Weltbild einzubinden wissen.
- Ein neuartiges Reportergenre
Im Zuge
dessen hat sich in den vergangenen Jahren dennoch ein – wie ich finde –
seltsames neues Reportergenre entwickelt, das seinen
Ursprung wohl im Boulevard hat und das sich auch bei der
Berichterstattung über die Corona-Proteste einer gewissen Beliebtheit
erfreut: Journalisten suchen, meist mit der Kamera in der Hand, gezielt
die Konfrontation mit ausgewählten Protestlern, bei denen man schon aus
der Ferne erkennen kann, dass das Depperl-Level relativ hoch ist, um
dann hinterher darüber zu berichten, dass es zu einer
Konfrontation gekommen ist.
Es ist schon ein Unterschied, ob Gewalt einseitig und aktiv von
Protestlern ausgeht, weil die es nicht ertragen können, dass
Journalisten einfach nur ihren Job machen. Oder ob ein Journalist eine
Konfrontation gezielt sucht, weil er bestimmte Bilder für seine
Berichterstattung oder für die eigene, reichweitenoptimierte
Selbstvermarktung in Funk und Fernsehen braucht.
- Krischke weiß, wovon er spricht.
Er war als
Journalist selbst auf solchen Demos, wird wohl auch wieder über eine
dieser Corona-Demos berichten und hat selbstredend großes Interesse
daran, als Journalist in einem Stück in den Feierabend zu
kommen. Es ist nur so, dass er in den vergangenen Jahren eher die
Erfahrung gemacht habe, dass die meisten Menschen sehr gesprächsfreudig
seien, wenn man sie nur höflich fragt. Er findet es auch
nicht verwerflich, einen Depp einen Depp sein zu lassen und sich jenen
zuzuwenden, die möglicherweise ein legitimes Anliegen haben. Außerdem
sei eine reine Überlegung noch keine finale Wertung, und
das Hinterfragen – auch des Handelns seiner Zunft – Teil seiner
Jobbeschreibung. Oder auch, zu fragen, woher diese Aggressionen gegen Journalisten eigentlich kommen.
Vom selben Autor:
Die
depperte Idee des Münchner Stadtrats (Cicero)