Zu den großen Verlierern der Corona-Pandemie gehören die Medien. Sie haben in den vergangenen beiden Jahren offenbar sehr stark an Vertrauen eingebüßt. Nur noch 28 Prozent der von Allensbach Befragten sagen, dass „die Medien bei der Berichterstattung über Corona ein wirklichkeitsgetreues Bild der Lage“ vermitteln, 46 Prozent sagen, die Medien böten „eher Panikmache“. 2020 war das noch genau umgekehrt (23 zu 47 Prozent)
Die Ergebnisse aus Allensbach korrespondieren mit jenen des „Edelman Trust Barometer“, die im November 2021 in 28 Ländern aufgenommen wurden. „Regierungen und Medien befeuern einen Kreislauf des Misstrauens“, so dessen Fazit.
Im Vergleich zum Vorjahr hat laut Trust Barometer die Sorge, dass Journalisten absichtlich Unwahrheiten oder grobe Übertreibungen präsentieren, um die Menschen zu beeinflussen, um 8 Prozentpunkte auf 67 Prozent zugenommen. Für Politiker gilt dasselbe (+9 auf 66 Prozent). Eine deutlich gewachsene Zweidrittelmehrheit der Menschen geht also davon aus, von Medien und Politik absichtlich belogen zu werden.
In Deutschland gibt es den größtem Vertrauensverlust. Während das durchschnittliche Vertrauen der Deutschen in Unternehmen, NGOs, Regierungen und Medien im Vorjahr noch mit 53 Prozent leicht positiv im Mittelfeld lag, fiel dieser Wert jetzt stärker als in allen anderen untersuchten Ländern um 7 Prozentpunkte auf 46.
Corona-Berichterstattung - Mal wieder herrscht Vertrauenskrise (Cicero)
In Krisenzeiten sind Journalisten in besonderer Weise gefordert, möglichst fair und kritisch zu berichten. Nach zwei Jahren Corona-Pandemie lässt sich bilanzieren: Das ist den deutschen Medien in der Summe nicht ausreichend gelungen. Dabei sind die Versagensmuster in der Corona-Berichterstattung gar nicht neu. Im Gegenteil: Man kennt sie schon aus anderen Krisen – und hätte es von Anfang an besser machen können, meint Ben Krischke am 28.Januar 2022 in Cicero.
Ein ziemlich langer Artikel hinter einer Bezahlschranke. Deswegen einige Thesen:
- Eine Handvoll Irrer
Bei der Berichterstattung über Demonstrationen richtet sich der Focus auf die, die zweifellos unangenehme Zeitgenossen sind und in der Folge dann derart ins Zentrum eines Beitrags rücken, dass der Leser zwangsläufig zu dem Ergebnis kommen muss, 50 Neonazis stünden exemplarisch für 3000 Demonstranten – oder für fast ein Viertel der Bevölkerung, das nach wie vor ungeimpft ist.
- Die Tücken der Distanzierung
Zweifellos kommt es im Zuge der Corona-Demonstrationen zu Aufmärschen von Rechtsaußen. Das ist nicht schön, aber zur Wahrheit gehört eben auch, dass es, nüchtern betrachtet, überaus verwunderlich wäre, wenn Rechtsradikale nicht an Demonstrationen teilnehmen würden, bei denen es im Kern um Kritik am Regierungshandeln geht; was in anderen Zeiten und bei anderen Themen ebenso auf Genossen aus dem linksradikalen Spektrum zutrifft. Man denke an die gewaltsamen Proteste am Rande des G20-Gipfels in Hamburg.
Es ist mindestens genauso falsch, aktiv
den Schulterschluss mit Neonazis zu suchen, wie von einer legitimen
Meinung abzuweichen, bloß weil andere selbige in ihr
verqueres Weltbild einzubinden wissen.
- Ein neuartiges Reportergenre
Im Zuge
dessen hat sich in den vergangenen Jahren dennoch ein – wie ich finde –
seltsames neues Reportergenre entwickelt, das seinen
Ursprung wohl im Boulevard hat und das sich auch bei der
Berichterstattung über die Corona-Proteste einer gewissen Beliebtheit
erfreut: Journalisten suchen, meist mit der Kamera in der Hand, gezielt
die Konfrontation mit ausgewählten Protestlern, bei denen man schon aus
der Ferne erkennen kann, dass das Depperl-Level relativ hoch ist, um
dann hinterher darüber zu berichten, dass es zu einer
Konfrontation gekommen ist.
Es ist schon ein Unterschied, ob Gewalt einseitig und aktiv von
Protestlern ausgeht, weil die es nicht ertragen können, dass
Journalisten einfach nur ihren Job machen. Oder ob ein Journalist eine
Konfrontation gezielt sucht, weil er bestimmte Bilder für seine
Berichterstattung oder für die eigene, reichweitenoptimierte
Selbstvermarktung in Funk und Fernsehen braucht.
- Krischke weiß, wovon er spricht.
Er war als Journalist selbst auf solchen Demos, wird wohl auch wieder über eine dieser Corona-Demos berichten und hat selbstredend großes Interesse daran, als Journalist in einem Stück in den Feierabend zu kommen. Es ist nur so, dass er in den vergangenen Jahren eher die Erfahrung gemacht habe, dass die meisten Menschen sehr gesprächsfreudig seien, wenn man sie nur höflich fragt. Er findet es auch nicht verwerflich, einen Depp einen Depp sein zu lassen und sich jenen zuzuwenden, die möglicherweise ein legitimes Anliegen haben. Außerdem sei eine reine Überlegung noch keine finale Wertung, und das Hinterfragen – auch des Handelns seiner Zunft – Teil seiner Jobbeschreibung. Oder auch, zu fragen, woher diese Aggressionen gegen Journalisten eigentlich kommen.
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