Freitag, 09.09.2022
Merkels dröhnendes Schweigen
Sprachlose Politik
Zum Schweigen der Nation - Merkels dröhnendes Schweigen
Von Wolfgang Herles in der Zeitschrift "Tichys Einblick"
"In den USA tritt der Präsident einmal im Jahr vor beide Kammern des Kongresses und hält eine Grundsatzrede – die Rede zur Lage der Nation. Die Kanzlerin schweigt.
Kanzlerin Angela Merkel hält schon seit Jahren keine Rede zur Lage der Nation mehr. Schlimmer noch: Niemand scheint eine solche Rede zu vermissen. Nicht einmal das Parlament.
Es fällt auf, dass Merkels Schweigen immer dann besonders laut dröhnt, wenn fundamentale Richtungsänderungen zu begründen gewesen wären. In der Eurokrise, bei der Energiewende und in der „Wir schaffen das“-Euphorie. Heute schweigt sie über die hinfällige EU-Reform, die Verkehrspolitik, den Kohleausstieg, die Sozialpolitik, die Ordnungspolitik und überhaupt dazu, wie es weitergehen soll am Ende der fetten Jahre. Sie verweigert bilanzierende, richtungsweisende Auskünfte zur Lage der Nation. An der Arbeit der Migrationspolitik nimmt sie demonstrativ nicht Teil.
… Die Kanzlerin, deren ökonomischer Sachverstand auf einen Bierdeckel passt, lässt ihn (den Wirtschaftsminister Altmeier) gewähren, weil sie Wirtschaftspolitik nicht interessiert und schweigt".
Die Wahrheit über Chemnitz ist nicht aufzuhalten

Auch wenn Merkel stur bleibt, so steigen die
Zweifel bei jedem, der versucht, objektiv an die Sache heranzugehen.
Nach dem Generalstaatsanwalt von Sachsen und dem Ministerpräsident von
Sachsen äußerte nun auch Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamts für
Verfassungsschutz, gegenüber der „Bild“-Zeitung deutliche Zweifel und
widerspricht damit der Kanzlerin: „Die Skepsis gegenüber den
Medienberichten zu rechtsextremistischen Hetzjagden in Chemnitz werden
von mir geteilt. Es liegen dem Verfassungsschutz keine belastbaren
Informationen darüber vor, dass solche Hetzjagden stattgefunden haben“,
sagte Maaßen der Zeitung. Es gebe keine Belege dafür, das ein in TV und
Internet gezeigtes Video, das Hetzjagden zeigen soll, authentisch ist.
Maaßen sagt: „Nach meiner vorsichtigen Bewertung sprechen gute Gründe
dafür, dass es sich um eine gezielte Falschinformation handelt, um
möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken.“
Wortklauberei?
Obwohl Merkel von Video-Beweisen sprach, werden diese nicht
vorgelegt. Warum eigentlich nicht? Stattdessen tut man die Sache nun als
Wortklauberei ab. Jürgen Trittin und andere linke Politiker sprachen
sogar von „Pogromen“. Auf seiner Website verkündete er: „Es ist Jagd auf
Andersaussehende gemacht worden – das nennt man einen Pogrom. Das ist
nicht das erste Mal in Sachsen.“
Es lohnt sich einmal, bei Wikipedia nachzuschauen, was Pogrome sind.
Dass ein rechtsextremer Fanatiker einer anderen Person nachsetzt – und
dies wurde auf dem Video gezeigt – ist schlimm genug, passt aber
eindeutig nicht in diese Auflistung historischer Pogrome. In Wahrheit
werden durch die Inflationierung des Begriffes wirkliche Pogrome
verharmlost.
Erinnern Sie sich an G20?
Auffällig ist, dass die gleichen Politiker – besonders von Grünen und
Linken –, die jetzt unbedingt wollen, dass es sich um Pogrome gehandelt
habe, nach den G20-Ausschreitungen in Hamburg bestritten, dass es sich
um linke Gewalt gehandelt habe, weil Linke ja gut seien und daher gar
nicht gewalttätig sein könnten – so die Logik der Argumentation damals.
„Die Gewalt bei G20 in Hamburg war weitaus exzessiver und damals
haben mir linke Freunde weismachen wollen, dass das nicht so schlimm ist
wie die Gewalt, die von den G20 selbst ausgeht. Die Beweise für Gewalt
und Ausländerjagd in Chemnitz sind eher dürftig, zahlenmäßig im
einstelligen Bereich. Kein Vergleich insoweit mit G20 oder der ersten
Kölner Silvesternacht.“ Diese Sätze kommen von einem Grünen – dem grünen
Oberbürgermeister von Tübingen Boris Palmer. In seiner eigenen Partei
ist er freilich ein krasser Außenseiter.
Erinnern wir uns an die G20-Krawalle in Hamburg: Da wurde von Linken
und Grünen Verständnis geäußert, dass eine „Demo“ mit der Parole
„Welcome to hell“ angekündigt wird. Dann setzen die Linksextremisten
genau das um, was sie vorher angekündigt haben: Mehrere Hundert
Polizisten werden verletzt, neun davon schwer. Autos von Bürgern werden
„abgefackelt“. Die Grünen und die Linken gaben – wie immer – der Polizei
die Schuld. „Leider hat das Vorgehen der Einsatzleitung der Hamburger
Polizei zur Eskalation der ohnehin angespannten Lage erheblich
beigetragen“, so die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Deutschen
Bundestag, die der Polizei vorwarf, „einfach ungezielt ein Gemisch von
Wasser und Reizgasen“ einzusetzen. Das entspreche nicht dem „Weg einer
modernen, deeskalierenden Einsatzstrategie der Polizei“, so damals Irene
Mihalic von den Grünen.
Zur Wahrheit bitte
Ein anderer Trick damals war, dass der politische Hintergrund einfach
geleugnet wurde. Sigmar Gabriel (SPD) erklärte nach den G20-Krawallen in
einem Kommentar in BILD: „Alle angeblichen politischen Motive für diese
Orgie an Brutalität sind verlogen und sollen nur das Deckmäntelchen
dafür sein, worum es den Tätern aus allen Teilen Europas ging: um Gewalt
an sich … Mit angeblich ‚linken Motiven’ hat das alles nichts zu tun.“
Nach dieser Interpretation waren die Randalierer also keine
Linksextremisten, sondern es waren jugendliche Schläger, die einfach nur
Freude an der Gewaltausübung um ihrer selbst gehabt hatten, ähnlich wie
vielleicht manche Hooligans bei Fußballspielen. Dietmar Bartsch,
Vorsitzender der Fraktion „Die Linke“ im Deutschen Bundestag, sagte in
der ARD: „Ich will auch gar nicht von Linksterror sprechen. Das hat mit
Links nichts, aber auch gar nichts zu tun. Links steht für Gerechtigkeit
und Solidarität.“ Und SPD-Kanzlerkandidat Schulz stimmte ein: „Wer das
links nennt, hat nicht kapiert, was links ist.“
Warum legten linke Politiker und Medien damals so viel Wert darauf,
zu erklären, dass die Randalierer „unpolitisch“ und jedenfalls nicht
„links“ seien? Weil „links“ nun einmal „gut“ ist, und deshalb kann und
darf es keine linken Gewalttäter geben. Wenn „links“ automatisch für
Humanität, Menschenliebe, Fortschritt und ganz allgemein für alle guten
und edlen Absichten steht, dann kann natürlich gewalttätige Randale
niemals „links“ sein.
Große Rockkonzerte gegen linke Gewalt und Aufrufe der Kanzlerin, dass
jeder Mensch jetzt öffentlich Position beziehen müsse (ganz nach dem
Motto des Liedes: „Sag mir, wo du stehst“, das Merkel in ihrer Jugend bestimmt gesungen hat) gab es nach G20 nicht.
Und wie geht es nun weiter?
Und wie wird es nun weitergehen, nachdem es sich herausgestellt hat,
dass es zum Glück keine Pogrome gegeben hat? Das kann man in dem Buch
von Hans Mathias Kepplinger lesen, der die Mechanismen von Skandalen
wissenschaftlich analysiert hat: „Erweist sich im Skandal die zentrale
Behauptung als falsch, wird auf andere Sachverhalte verwiesen, die das
Verhalten der Angeprangerten skandalös erscheinen lassen. Auf diese
Weise werden Sachverhalte, die im Vergleich zur zentralen Behauptung
unerheblich sind und alleine kaum Beachtung finden würden, zum Beweis
für die Richtigkeit des zentralen Vorwurfs.“ (S. 196)
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