Helmut Markworts Tagebuch
Der Bundestag braucht weniger Abgeordnete, aber mehr, die persönlich gewählt sind
Im Regelfall sitzen im Bundestag 598 Abgeordnete. Jetzt sind es 736. Viele davon verdanken ihr Mandat dem peinlichen Versagen des Bundestages. Jetzt ist es an der Zeit, dass sie die Kraft aufbringen, sich selbst als Volksvertreter wieder abzuschaffen.
Abgeordnete müssen sich selbst wieder abschaffen
So eng wie im Bundestag sitzen sonst nirgendwo Menschen nebeneinander. Die Abgeordneten sind stolz, dass sie drin sind, aber sie müssen auch unter schlechtem Gewissen leiden. Viele der 736 Parlamentarier verdanken ihr Mandat dem peinlichen Versagen des Bundestages, der sich auf keine wirksame Reform des Wahlrechts einigen konnte.
Sie fallen dem Steuerzahler zur Last und müssen in überfüllten Ausschüssen unpraktikabel arbeiten. Zu ihren dringenden Aufgaben gehört es, vor der nächsten Wahl die Zahl der Sitze zu verringern. Sie müssen die Kraft aufbringen, sich selbst als Volksvertreter wieder abzuschaffen.
Die Schieflage ist offenkundig. Im Regelfall sitzen im Bundestag 598 Abgeordnete: 299, die in ihren Wahlkreisen direkt gewählt worden sind, und 299, die über die Parteilisten einziehen. Das aktuelle Missverhältnis begünstigt die Listenkandidaten. Durch Überhang- und Ausgleichsmandate schwillt ihre Zahl auf 437 an. Die Listenabgeordneten haben also ein Übergewicht von 138 Sitzen. Überhang und Ausgleich werden nach den bisherigen Regeln notwendig, weil die Vielzahl der Parteien und Kandidaten zu knappen Ergebnissen führt.
Schon mit 20 Prozent der Stimmen kann ein Politiker seinen Wahlkreis gewinnen. Ein CDU-Mann in Dresden hat sogar mit 18,6 Prozent gewonnen. Ein solcher Sieg kann 16 Ausgleichsmandate auf den Listen der anderen Parteien nach sich ziehen
Wenn die Reform das Recht der Wähler auf Persönlichkeitswahl stützen soll, könnten zwei Änderungen in Erwägung gezogen werden. Falls ein Kandidat seinen Wahlkreis nicht mit absoluter Mehrheit gewinnt, könnte auch der Zweitplatzierte seine Heimat im Bundestag vertreten. Das bedeutet mehr Direktwahl und weniger Überhang.
Mein zweiter Verbesserungsvorschlag zugunsten der Wähler zielt auf die Listen, die von den Parteien bestimmt werden. Viele Wähler mögen aber keine Listen wählen, sondern Personen. Ihnen sollte das Gesetz erlauben, mit ihrer Zweitstimme einen Kandidaten oder eine Kandidatin aus der Liste zu bevorzugen. Die Parteien schlagen die Reihenfolge vor, aber die Wähler können sie ändern.
Bei der Landtagswahl in Bayern wird dieses Wahlsystem angeboten und von vielen Wählern begeistert genutzt-
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen