Donnerstag, 23. September 2021

Entspricht die Ausweitung der Briefwahl dem Leitbild einer geheimen Wahl?

Vor der Kommunal und Bundestagswahl

Entspricht die Ausweitung der Briefwahl dem Leitbild einer geheimen Wahl?

Ich habe gerade meine Wahlunterlagen für die Briefwahl zur Bundestagswahl und zur Kommunalwahl in Goslar eingetütet und bin dabei sehr nachdenklich geworden.

Allein die 4 Wahlscheine zur Kommunalwahl wiegen eingetütet knapp 100 Gramm! Aber das ist nicht das eigentliche Problem. Der Wahlschein für die Wahl des Goslarer Stadtrates hat das mit Namen vollgedruckte Format DIN A2 (42x59 cm) ! Der Wahlschein für den Kreistag ist nur unwentlich kleiner.

Es ist mir ein Rätsel, wie jemand eine vernünftige Wahl treffen soll, der im Wahllokal zum ersten Mal mit diesen Stimmzetteln und den darauf gedruckten Namen konfrontiert wird. Der Wahlschein lässt sich in den herkömmlichen Wahlkabinen nicht einmal ausbreiten! Um ihn zu studieren, braucht man einige Minuten! Folglich werden wahrscheinlich aus purer Undurchführbarkeit in den oberen Zeilen überwiegend Parteien und weniger Personen direkt gewählt. Aber das kommt den Parteien sicherlich nicht ungelegen, weil so die vorher von ihnen auf der Liste festgelegte und gewünschte Reihenfolge ihrer Kandidaten greift und nicht jemand von den hinteren Rängen gewählt wird.

Aber das ist nicht das eigentliche Problem von Briefwahlen.

Wenn geschätzte 60 % der Wahlberechtigten eine Briefwahl bevorzugen, widerspricht das eklatant dem Grundgesetz, das im Art. 38 Abs.1 vorsieht, dass der Bundestag „in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt wird. Daraus konstruierte das Bundesverfassungsgericht den Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl.

In ihrem Urteil von 2013 formulierten die Richter zudem in deutlichen Worten, dass bei einer Briefwahl  „die Integrität der Wahl nicht gleichermaßen gewährleistet [ist] wie bei der Urnenwahl im Wahllokal.“ Das liegt auch daran, dass die Briefwahl weniger geheim und damit weniger gleich und frei ist. Konstellationen, in denen psychischer Druck auf den Wähler ausgeübt, er für seine Stimmabgabe bestochen oder der Wahlzettel gleich von einer anderen Person ausgefüllt wird, sind in der *Wahlkabine" so gut wie ausgeschlossen. Die Abstimmung per Post öffnet dem hingegen Tür und Tor.

Statt auf die demokratiepolitischen Probleme der Briefwahl hinzuweisen, tun Parteien und Regierung derzeit alles, um den Anteil der Briefwähler noch weiter in die Höhe zu treiben. Auf Wahlbenachrichtigungen erscheinen inzwischen personalisierte QR-Codes, die man per Handy einscannen kann; nach ein, zwei weiteren Klicks hat man die Briefwahl schon beantragt.

Sandro Serafin weist in TE zurecht darauf hin, dass bei einer so knappen Wahl wie der anstehenden jede Manipulation – auch die am Küchentisch, die den Beteiligten zunächst gar nicht problematisch erscheinen mag – zu entscheidenden Verschiebungen führen kann, erst recht wenn die Briefwahl so massenhaft praktiziert wird wie jetzt.

Hierzulande wurden immer wieder Manipulationsversuche aufgedeckt. Arnim Rupp hat damals eine Beschwerde beim Verfassungsgericht eingereicht, die zum Urteil von 2013 führte. Er stellt auf seiner Webseite eine entsprechend (lange) Liste zur Verfügung:

Sammlung von Fälschungen, Wahlbetrug und Problemen bei der Briefwahl

Briefwähler

Meinungen sind wie Flugsand (Cicero)

VON ALEXANDER MARGUIER am 30. August 2021

Der Versand der Briefwahl-Unterlagen für die Bundestagswahl hat vielerorts bereits begonnen. Immer mehr Wähler stimmen per Brief ab, wegen der Corona-Pandemie lag der Anteil zuletzt sogar bei mehr als der Hälfte. Für die Demokratie ist das ein Problem.

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