Moralsplaining – die Vorherrschaft des Moralischen Populismus
Von Gastautor auf "Tychis Einblick"
Fr, 19. August 2016
Wie eine gesellschaftliche Elite in der Flüchtlingskrise dem moralischen Populismus verfällt und somit eine nachhaltige Immigrations- und Flüchtlingspolitik zum Wohle aller verhindert. Erklärt Sebastian Vogel.
In den
letzten Jahren erfreute sich der ursprünglich aus den USA stammende Begriff des
Mansplaining auch in Deutschland einer steigenden Beliebtheit.
Die englische Definition des Merriam-Webster’s Collegiate Dictionary lässt sich
laut Wikipedia wie folgt übersetzen:
„Das, was geschieht, wenn ein Mann
herablassend mit jemandem (vor allem einer Frau) über einen Themenbereich
spricht, in dem er nur unvollständige Kenntnisse hat. Dabei nimmt er
fälschlicherweise an, er wisse mehr über den Gegenstand als die Person, mit der
er spricht.) Das Phänomen wird als Ausdruck der generellen und unreflektierten
Annahme des Sprechers gesehen, sein Gegenüber wisse weniger als er“.
Wie sinnvoll
es ist, eine unreflektierte, herablassende und auf unvollständiger Themenkenntnis
beruhende Sprechweise auf genetisch bestimmte Geschlechtsmerkmale
zurückzuführen, sei nun einmal dahingestellt. Dies vor allem Männern zuzuschreiben
und nicht auch Alten, Jungen, Frauen, Kleinen, Großen, Weißen, Schwarzen,
Klerikern, Politikern und Anderen – sprich dem Menschen an sich,
beziehungsweise von bestimmten Gesinnungen geprägten Menschen – kann man
zumindest als fragwürdig betrachten. Allerdings bietet der Begriff eine
vorzügliche Steilvorlage, um ein anderes – wie ich finde problematisches
– Phänomen unserer heutigen Gesellschaft zu definieren: Die
Vorherrschaft vermeintlicher Moral, die auf unvollständigen Kenntnissen und
unreflektierten Annahmen des sie selbst propagierenden Subjekts beruht – kurz Moralsplaining.
Mansplaining und Moralsplaining
Gemäß der
oben erläuterten, von Wikipedia übersetzten Wortschöpfung des Mansplaining,
gelangt man zu folgender Definition von Moralsplaining:
„Das, was
geschieht, wenn ein sich als moralisch (richtig) einstufendes Subjekt herablassend
mit jemandem (vor allem einem vom eigenen Standpunkt abweichenden Subjekt) über
einen Themenbereich spricht, in dem es nur unvollständige Kenntnisse
hat. Dabei nimmt es fälschlicherweise an, es wisse mehr über ein
Thema als die Person, mit der es spricht.“
Im
Unterschied zum Mansplaining, ist das sich des Moralsplaining bedienende
Subjekt nicht auf bestimmte genetische Geschlechtsmerkmale festgelegt, sondern
alleine dadurch definiert, dass es sich als moralisch einstuft,
fälschlicherweise annimmt, mehr als der Gegenüber zu wissen, dabei aber
unvollständige Kenntnisse hat und sich herablassend äußert. Moralsplaining
betreibende Subjekte zeichnen sich durch einen moralischen Populismus
aus, in dem ein nicht zu Ende gedachtes Ideal in quasi-religiöser Weise zur
Ideologie wird und den Menschen, unter Ausblendung jeglicher Folgen und
Nebenwirkungen als einfache und richtige Lösung versucht wird nahezubringen.
Anders als beim “rechten Populismus”, steht am Anfang ein naives und stark
vereinfachtes, aber in seiner Natur hehres Ziel – wie zum Beispiel eine Welt
ohne Grenzen – welches aufgrund der eindimensionalen Methodik der
moralischen Populisten Gefahr läuft ins Gegenteil – hier die weltweite
Destabilisierung – pervertiert zu werden.
Die Flüchtlingskrise
Mich
persönlich erinnert der Umgang mit der Flüchtlingskrise stark an das Phänomen
des Moralsplaining. Ganze 82 Prozent der Zeitungsartikel in Deutschland bezüglich
der Flüchtlingskrise sind laut FAZ nicht beschreibend, sondern positiv
wertend. Man möchte der Bevölkerung ein bestimmtes Narrativ vermitteln,
wonach Millionen von oft über Jahrzehnte islamistisch indoktrinierte und
weitestgehend ungebildete Flüchtlinge ein Segen für sie seien. Bei
ausbleibenden Argumenten versucht die moralische Elite anders Denkende zu gerne
mit dem Vorwurf des “Rechtsradikalismus” zum Schweigen zu bringen. Nicht mehr
Gesetz und Justiz, sondern die Regierung schreibt Facebook – der größten
Medienplattform des Landes – vor, welche Inhalte zu dulden und welche zu
zensieren sind.
Komiker,
Wissenschaftler aber auch einfache Arbeiter werden nicht nur sozial isoliert,
sondern müssen auch wirtschaftlichen Druck aushalten und oft gar um Ihre Jobs
fürchten, sollten Ihre Ansichten oder Forschungsergebnisse konträr zu den von
der moralischen Elite propagierten Ideen sein – und dazu muss nicht ein Gericht
eine bestimmte Äußerung als rassistisch bewerten, nein es reicht, wenn Subjekte
der moralischen Elite eine ihnen nicht genehme Meinung als fremdenfeindlich
deklarieren.
Nun kann
glücklicherweise wer sozialer Ächtung und wirtschaftlichem Druck standhält hierzulande
immer noch anderer Meinung sein. Allerdings ist der wachsende Konformitätsdruck
eher ein Merkmal totalitärer, denn freier Gesellschaften und der Mut von
Personen, die sich dem widersetzen nicht zu unterschätzen. Seit der andauernden
Flüchtlingskrise, werden zunehmend nicht mehr kluge Argumente ausgetauscht und
versucht, gemeinsam zu pragmatischen Lösungen zu kommen, sondern es findet ein
einseitiges Moralsplaining der Gesinnungsethiker einer vermeintlichen
moralischen Elite gegenüber dem Rest der Gesellschaft statt – was in der
Konsequenz zu allem Anderen als zu einem friedlichen Miteinander und einer
nachhaltigen Integrations- und Einwanderungspolitik führt.
Moralsplaining in der Flüchtlingskrise
Gemäß der
Definition erfüllen die Moralsplaining betreibenden Subjekte im Kontext der
Flüchtlingskrise folgende Kriterien:
- Sich als moralisch einstufen
Auffällig
sind die verkürzten Denkmuster, der sich als moralisch einstufenden
Apostel der Neuzeit. Das eigene Weltbild wird ohne Hinterfragen in
quasi-religiöser Manier als absolut richtig hingestellt und überhöht, während
andere Ansätze von Beginn an diskreditiert werden. In der Flüchtlingskrise ist
das die überhöhte Forderung einer bedingungslos offenen multikulturellen
Gesellschaft ohne Grenzen, welche der diskreditierten und vom „gemeinen Volk“
und Anderen geforderte kontrollierte Einwanderung in Maßen unter
Berücksichtigung aller Risiken und Nebenwirkungen gegenübersteht.
- Herablassendes Verhalten
Die
herablassende Art wird dann deutlich, wenn die bedingungslose Grenzöffnung
grundsätzlich als moralisch richtig, modern und kosmopolitisch, und die kontrollierte
Einwanderung als verwerflich, nationalistisch und rückwärtsgewandt bezeichnet
wird. Dies geschieht unabhängig davon, ob die bedingungslose Grenzöffnung
vielleicht zu einer Fehlintegration und Destabilisierung der Gesellschaft und
die kontrollierte Einwanderung langfristig zu einem besseren und friedlicheren
pluralistischen Miteinander führen könnte. Wenn die moralische Selbsterhöhung
nicht ausreicht und der Gegenüber partout nicht in die Grenzöffnungshymnen mit
einstimmt, so gipfelt das herablassende Verhalten eines sich des Moralsplaining
bedienenden Subjekts zu gerne auch im Vorwurf des Rassismus. Dieser inflationär
verwendete, herablassende und häufig völlig haltlose Vorwurf führt nicht nur
dazu, dass echter Rassismus verharmlost wird, sondern wirkt darüber hinaus für
viele in Zeiten zunehmenden Konformitätsdrucks absurderweise wie ein
Ritterschlag für freie Meinungsäußerung.
- Unvollständige Kenntnisse
Dabei spielt
es oft keine Rolle, dass der eigene, angeblich moralische Ansatz aufgrund von unvollständigen
Kenntnissen unter Umständen gar nicht funktionieren kann oder sogar eine
negative Wirkung auf die Gesellschaft und die Flüchtenden hat. Denn: zu Ende
gedacht werden muss ein auf verkürzten Denkmustern beruhender moralischer
Ansatz ja nicht – er ist selbstredend richtig(er) als alles andere. Die
häufig hochstudierten moralischen Meister der Einfachheit folgen dabei
folgender Logik: 1.Es gibt Leid auf der Welt, 2.Wir lösen das Leid durch das
Öffnen unserer Grenzen. Im eigenen, ursprünglich gut gemeinten Ideal einer helfenden
Gesellschaft gefangen, bemerkt die moralische Elite nicht, beziehungsweise
verdrängt bewusst, dass diese simplifizierte Logik einem
verantwortungsbewussten Umgang mit Geschichte, Politik, Wirtschaft und
vielfältigem Zusammenleben widerspricht.
Nein, auch
der „unmoralische“ Rest der Gesellschaft hat kein Patentrezept zur Lösung der
Flüchtlingskrise und kann sich natürlich auch nicht auf vollständige Kenntnisse
berufen. Allerdings will die Masse der Bevölkerung nicht nur helfen, sondern
das auch noch lösungsorientiert und somit verantwortungsbewusst. Die moralische
Elite nimmt fälschlicher Weise an, nur sie exklusiv habe den Gedanken einer
friedlichen multikulturellen Gesellschaft, die Menschen in Not helfen sollte,
verinnerlicht. Zusätzlich zur Hilfsbereitschaft übersieht die Bevölkerung keine
problematischen Gesichtspunkte und versucht auf Basis vieler Faktoren, komplexe
Probleme zu benennen und ganzheitlich anzugehen. Die Gesellschaft weiß genau
was an zusätzlichen ökonomischen Belastungen durch grenzenlose Aufnahme auf sie
zukommt, welche mittelfristigen Auswirkungen dies auf das Wohlstandsniveau,
Beitragshöhe und Leistungsfähigkeit des Sozialsystems und auf das Steuersystem
beziehungsweise die Staatsverschuldung haben wird.
Und die
Menschen wissen auch, welche gesellschaftlichen Folgen eine vornehmlich aus armen,
ungebildeten und islamistisch indoktrinierten Gesellschaften erfolgende
Einwanderung mit sich bringt – nämlich wachsende Gegen-und
Parallelgesellschaften zusätzlich zu den beispielsweise bereits 5.000
islamistischen Gülen-Anhängern alleine in Mannheim; mehr Gewalt, Raub und
Sexualdelikte und weniger Sicherheit (auch Millionen von blonden und blauäugigen
Flüchtlingen hätten beispielsweise diesen Effekt, wenn sie über Dekaden
verarmt, ungebildet und religiös-extremistisch sozialisiert worden wären und
alleine schon aufgrund ökonomischer Faktoren schwieriger eine Partnerin
finden); mehr Anfeindungen gegen und weniger Sicherheit für Homosexuelle und
Juden; sinkende Aufnahmefähigkeit für künftige Flüchtlinge; Verfolgung von
arabischen Minderheiten durch Islamisten in Deutschland; Kinderheiraten;
höheres Risiko an Terroranschlägen usw.
Zusätzlich
ist bekannt, dass das aufnahmefähige Europa ohne postkommunistische und südeuropäische
Krisenstaaten keine, wie häufig behauptet 600 Millionen, sondern in etwa nur
200 Millionen Einwohner hat, während alleine Afrika, ohne den Mittleren Osten,
sich bis 2050 auf über 2,5 Milliarden Menschen verdoppelt. Allerdings wird von
der moralischen Elite häufig schon alleine die Nennung solcher Tatsachen als
rassistisch abgetan. Die Mehrheit der Menschen weiß auch, dass die Flüchtlinge
nicht auf die Probleme, die mit dem Aufstieg des Islamischen Staates
einhergehen, zu reduzieren sind, sondern, dass auch nach dem Sturz des IS in
vielen anderen Teilen der Welt Islamisten und andere geopolitische
Entwicklungen für Flüchtlinge sorgen werden. Die breite Masse an
Menschen, die sich alle dieser komplexen Beweggründe und Folgen der
Flüchtlingskrise bewusst ist, ist mit Sicherheit nicht weniger hilfsbereit als
die Gesinnungsethiker und sie hat keine diffusen Fremdenängste, sondern sie
erkennt und benennt Probleme und versucht sie dann pragmatisch zu lösen.
Da den
Moralaposteln der Neuzeit alle diese Kenntnisse und Details fehlen oder sie
diese bewusst ignorieren, muss man ihre simple Lösung – 1.Leid in der
Welt, 2. Lösung durch Grenzöffnung – nicht nur als wohlwollenden
Paternalismus, sondern auch als moralischen Populismus bewerten.
Wenn die
moralischen Populisten nicht mehr weiterwissen, greifen sie auch häufig in die
Trickkiste der verdrehten Fakten. Beispielsweise, unser System bedürfe aufgrund
demographischer Herausforderungen dieser Flüchtlingswelle. Wirklich, brauchen
wir Massen von ungebildeten, meist armen und indoktrinierten Menschen um unser
Sozialsystem zu retten? Oder sollten wir nicht eher gebildete Fachkräfte, die
ihre Bräuche mitbringen und unserer Gesellschaft bereichern anstatt
Gegengesellschaften zu bilden, durch eine kluge Einwanderungspolitik zu uns
holen?
Die Aufnahme
von Flüchtlingen ist und bleibt eine Hilfeleistung, die nicht unser System rettet,
sondern vom System in einem gewissen Maße ausgehalten werden kann und geleistet
werden muss – alles andere ist Schönfärberei. Ganz absurd wird es, wenn
Forscher angegriffen werden, weil sie zum Ergebnis kommen, dass uns das Ganze
einen bestimmten Betrag kosten wird oder dass der Islamismus deutlich weiter
verbreitet ist in den Köpfen vieler Flüchtlinge, als uns lieb ist. Da
verdächtigt man den Wissenschaftler doch zu gerne des Rassismus oder zumindest
der Unterstützung der AfD und legt sofort eine Gegenstudie vor, nach der so und
so viele Arbeitsplätze durch Immigranten geschaffen wurden.
Ideologiebildung statt klassischer Schulbildung?
Dass Immigranten
und Flüchtlinge nicht in einen Topf zu werfen sind, ist moralischen Populisten
egal. Und ich frage mich dann auch, warum wir eigentlich seit Jahrzehnten
darüber diskutieren, wie wir unser Schulsystem verbessern und warum wir es
nicht einfach abschaffen oder durch ideologische Bildung ersetzen. Angeblich
ist ja laut moralischer Elite eine Masse ungebildeter beziehungsweise
hauptsächlich ideologisch gebildeter Menschen ein Erfolgsgarant für das
Sozialsystem und die Wirtschaft.
Besonders
schade ist es, dass die moralischen Populisten die politische Korrektheit –
eigentlich ein intelligenter Begriff, mit dem verantwortungsbewusstes
politisches Handeln ausgezeichnet werden sollte – für sich beanspruchen
und darüber hinaus auch noch zugeschrieben bekommen. Der fromme Wunsch nach
Grenzöffnung, der ins Chaos führt, sowie dessen quasi-religiöse Verteidigung
ist nämlich nicht politisch korrekt, sondern zeugt von völlig falschem
politischen Verständnis. Ich plädiere deshalb dafür, dass der Begriff der
politischen Korrektheit wieder positiv besetzt wird und nicht mehr die
moralischen Populisten, sondern diejenigen mit einbezieht, die Probleme ehrlich
und sachlich benennen, um sie dann auch pragmatisch und zielstrebig anzugehen
und zu lösen. Nicht Gesinnungsethiker und moralische Populisten, sondern
verantwortungsbewusste Pragmatiker, die humanistisches Ideal und Realitätssinn
zu verbinden wissen und sich somit für eine nachhaltige Einwanderungs- und
Flüchtlingspolitik zum Wohle einer friedlichen pluralistischen Gesellschaft
einsetzen, sind politisch korrekt!
Sebastian
Vogel arbeitet mit zwei Freunden an einem Start-up. Neben seinem Interesse an
Politik, Wirtschaft und Sport beschäftigt er sich mit den Themen Pluralismus,
Liberalismus und Islamismus.
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