Donnerstag, 30. August 2018

Wie der Journalismus sich abschafft

Gruß aus der Filterblase der urbanen Elite
Die Auflagen sinken, das Vertrauen der Leser schwindet - nur die Angst wächst in den Redaktionen. Wie Sorge in den Schreibstuben vor dem Morgen die Medien verändert beschreibt Cora Stephan in Tychis Einblick.
Geprügelte Hunde beißen um sich. Der Kampf um die Deutungshoheit türmt sich längst zur Schlacht auf, nicht nur in den „Altparteien“ (längst inklusive Grüne), auch in den Medien rüstet man sich zum Endkampf gegen das Böse – von der AfD bis zu einer oftmals lediglich herbei fabulierten „Neuen Rechten“. Angst macht bissig. Auszüge:
Studien über die Filterblase der urbanen Elite
Zu 73 % haben Politikjournalisten ein Studium absolviert. Die meisten Journalisten leben in der Stadt und kommen aus einer ähnlichen sozialen Schicht. Diese urbane Elite steht vor allem Grün oder Rot nahe. 46 % aller Journalisten, die eine Parteipräferenz haben, bevorzugen die Grünen, 32 Prozent die SPD.
Sind sie deshalb auf Parteilinie? Nicht notgedrungen. Doch es ist bezeichnend, dass sie zwei politische Strömungen präferieren, die dezidiert missionarisch sind…..
Vom Journalisten zum Politikberater
Unter Merkel hat sich auch die CDU zu einer Partei entwickelt, die auf Moral setzt und von Interessen schweigt. Diese Verbindung macht ein strukturelles Problem des Journalismus besonders spürbar. Gemeint ist das, was die Medienforschung „Indexing“ nennt: „Politik wird in den Medien überwiegend nicht als Prozess der Entscheidungsfindung, sondern als Schlagabtausch unter Mandatsträgern inszeniert.“ Die Bevölkerung und die Sache spielen dabei eine Nebenrolle. Kommentare richten sich nicht an den Leser, sondern, im Sinne eines guten Ratschlags, an die Politik….
Matthias Döpfner von Springer sagt es noch schärfer: „Manche Journalisten verstehen sich inzwischen als Politikberater und betreiben einen Journalismus, der sich an ein paar Eingeweihte richtet, denen sie Codewörter zurufen. Der eigentliche Empfänger ist nicht mehr der normale, intelligente, aufgeschlossene, aber nur bedingt informierte Leser, sondern die Kollegen, Politiker, Künstler oder Wirtschaftsführer.“ Das erklärt die drastische Diskrepanz zwischen Artikel und Lesermeinungen, die man dank Online mittlerweile kennenlernen kann, was offenbar nur wenige Journalisten irritiert. Die Quittung: Ende 2016 hielten in einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung 55% es für möglich, dass „die Bevölkerung in Deutschland von den Medien systematisch belogen“ werde.
Die Spaltung der Gesellschaft
Stimmt ja auch. Politikjournalisten berichten gemeinhin nicht über das, was draußen im Lande vor sich geht, sondern im Parlament und in den Ministerien. Hinzu kommt die Einbildung, hip zu sein, wenn man die Sprache der kulturellen Avantgarde spricht, die für den Normalbürger kaum verständlich ist, den man eh nicht mag; exotische Minderheiten und ihre Wünsche sind interessanter. Einen Handwerker in der Provinz allerdings gewinnt man nicht mit der progressiven Forderung nach Unisextoiletten, denn ihn hat man vor Jahr und Tag gezwungen, für Frauen, so wenige er auch beschäftigen mag, eine extra Toilette einzubauen. Für viel Geld.
…Drittes Geschlecht, Unisextoiletten. Gerade die Diskussion über Gender zeigt die Kluft zwischen städtischen Avantgarden und dem „Normalbürger“, dem das Gedöns am Allerwertesten vorbeigeht und der sich schon lange nicht mehr repräsentiert fühlt.
…Man kann von einer Mehrheit oder einer Minderheit unterdrückt werden, das Ergebnis ist in beiden Fällen unangenehm. Wer sich anschaut, was heute in Regierung und Parteien eine Rolle spielt, sieht Proporz und Quote am Werk, Frau, schwul, Migrationshintergrund scheinen wichtiger zu sein als Qualifikationen und manch einer scheint zu glauben, „Betroffene“ könnten nur von „Betroffenen“ vertreten werden. Ach ja? Dann sollte man sich ehrlicherweise vom Gedanken der Repräsentation verabschieden….
Und Nassim Nicholas Taleb schreibt: „In dieser Situation kann eine kompromisslose Minderheit von noch nicht einmal drei oder vier Prozent diktieren, was die Gesellschaft insgesamt zu denken, zu glauben oder zu essen hat – welche Bücher zu verbieten und welche Leute auf die schwarze Liste zu setzen sind“.

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